Domforum zeigt Fotos von queeren Gläubigen (2024)

DOMRADIO.DE: Sie haben die Ausstellung "Gut.Katholisch.Queer" mitorganisiert. Worum geht es?

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Dr. Guido Schlimbach (Theologe und Mitorganisator der Ausstellung und Veranstaltungsreihe "Gut.Katholisch.Queer."): Viele haben sicherlich 2022 die beeindruckenden Dokumentationen "Out in Church" in der ARD gesehen. Ein Künstler, Martin Niekämper, hat die Protagonisten dieser Dokumentation gefragt, ob sie ihm Fotomodell stehen würden. Er hat eine Reihe dieser Akteure und Akteurinnen fotografiert. Daraus ist eine Ausstellung entstanden. Wir möchten sie im Kölner Zentrum zeigen, das machen wir nun im Domforum.

DOMRADIO.DE: War es schwer, Mitstreiter für diese Veranstaltungsreihe in Köln zu gewinnen?

Schlimbach: Nein, überhaupt nicht. Der Fotograf Martin Niekämper kam auf mich zu, als Kurator der Kunst-Station Sankt Peter Köln. Ich habe die Idee an einen Arbeitskreis weitergeleitet, der sich seit vielen Jahren auf Initiative des Katholiken-Ausschusses mit queeren Menschen in Köln beschäftigt. Der hat sich dann der Sache angenommen und bei vielen katholischen Verbänden in Köln herumgefragt. Es war Wahnsinn, wie schnell die Verbände zugesagt haben. Wir haben also eine ganze Reihe an Kooperationspartnern, der SKM, die Caritas, der BDKJ und viele andere.

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DOMRADIO.DE: hom*osexuelle oder Menschen, die transgender sind, haben es in der Kirche nicht leicht, weil es als nicht "normal" angesehen wird. Hat sich da etwas verändert?

Schlimbach: Naja, diese Menschen haben es auch in der Gesellschaft nicht leicht, besonders in der Kirche, weil ihnen in den letzten Jahrzehnten immer der Wind ins Gesicht geblasen ist und sie Hemmungen hatten, sich zu outen. Das hat sich in der Gesellschaft gebessert, inzwischen auch in der Kirche. Wir können das anhand des Erfolgs dieser Dokumentation "Out in Church" verfolgen. Ich war selbst skeptisch, inwiefern das heute Wirkung zeigen würde.

Aber es ist großartig, wie viele Reaktionen diese Menschen bekommen haben, die sich getraut haben, vor der Kamera über ihr Leben und über ihre Distanz zur Kirche, ihre Ängste innerhalb der Kirche offen zu sprechen. Deswegen ist es sinnvoll, mit unserer Ausstellung das Thema nochmal in die Öffentlichkeit zu holen.

Guido Schlimbach

"Aber es ist großartig, wie viele Reaktionen diese Menschen bekommen haben, die sich getraut haben, vor der Kamera über ihr Leben und über ihre Distanz zur Kirche, ihre Ängste innerhalb der Kirche offen zu sprechen."

DOMRADIO.DE: Der Kölner Stadtdechant Monsignore Robert Kleine eröffnete die Ausstellung an diesem Montag. Was sagen Sie dazu?

Schlimbach: Das war von Anfang an eigentlich klar. Wenn es terminlich möglich wäre, wollte er das sehr gerne machen. Ich weiß von ihm, dass er dem Thema immer aufgeschlossen gegenüber gestanden hat, gesagt hat, wir müssen in den Gemeinden was tun, wir müssen auch auf der Ebene des Stadtdekanats was tun. Insofern freuen wir uns darüber, dass er die Ausstellung eröffnet hat.

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DOMRADIO.DE: Eine der Veranstaltungen heißt "Wünsche und Erwartungen an die Kirche". Queere Menschen diskutieren dabei mit einem Vertreter der Kirche. War es schwierig, Menschen für das Podium zu finden?

Schlimbach: Tatsächlich ja, aber weniger wegen der Hemmungen, dass Menschen generell über das Thema reden wollen, als vielmehr weil inzwischen eine sehr, sehr große Distanz, um nicht zu sagen, eine Abwehr gegenüber kirchlichen Themen besteht. Ich glaube, die Frage hat sich für viele, vor allem jüngere Menschen, völlig erledigt. Die Kirche hat sich in den letzten Jahren so unglaubwürdig verhalten, dass da keine Kompetenz mehr gesehen wird.

Guido Schlimbach

"Die Kirche hat sich in den letzten Jahren so unglaubwürdig verhalten, dass da keine Kompetenz mehr gesehen wird."

Wir haben eher Leute aus den älteren Jahrgängen, die am Donnerstag dabei sein werden und ihre Wünsche und Reaktionen auf kirchliches Verhalten äußern werden. Pfarrer Christoph Stanzel aus Köln-Kalk wird dem sicherlich auf eine sehr sensible und offene Art und Weise gegenübertreten.

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Aber ich fürchte, wir haben viele Menschen in den Gemeinden schon seit Jahrzehnten verloren. Die werden durch solche Aktionen auch nicht mehr wiederkommen. Und dennoch ist es wichtig, das Thema offen zu halten, Sensibilität zu entwickeln und in den Gemeinden immer wieder zu werben, queere Menschen nicht auszugrenzen, sondern als Teil von Kirche und von Gemeinde zu sehen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Es ist eine große konzertierte Aktion: Auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation haben sich 125 Menschen in der katholischen Kirche geoutet. Sie alle sind haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig und zugleich Teil der queeren Community, wie die Initiative "#OutInChurch - für eine Kirche ohne Angst" mitteilte. Die Initiative fordert unter anderem, das kirchliche Arbeitsrecht so zu ändern, "dass ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität" nicht zur Kündigung führe. (KNA, 24.1.2022)

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